XIV Festival Habano, Februar 2012 - 29.02.12

29.02.2012

Vom bereits vorgestellten Institut für Tabakforschung lud Juan José López Freire zum Tasting für Deutschland ein. Juan ist Chef der Abteilung für Weiterentwicklungen und hat die nächste Edición regional für Deutschland entwickelt und zwar auf der Vorgabe, ein kleineres, im Geschmack nicht zu starkes Format zu entwickeln. Das Tasting fand in der "Casa del Habano" im Mellía Cohiba statt. Teilnehmer waren Vertreter von Cubatabacco, Habanos, 5thAvenue und deutsche Fachhändler.

Juan José López Freire
Juan José López Freire
Also, worauf werden sich die deutschen Aficionados freuen können? Freire hat eine Puro entwickelt mit dem Stärkelevel der Marke Punch und im Format Hermoso 4. Sie sollte, so Freires Aussage, etwas mehr Secco haben als für Punch üblich. Gerollt wurden die Zigarren in der Gegend von Sancti Spiritus. Zwei Manufakturen werden dort die neue Regional rollen: Sassa del Medio und Bauzá (Kenner sollten sich dann den Code bei Lieferung der ersten Kisten notieren).

Die Zigarren, die wir geraucht haben, waren weniger als fünf Tage alt, entsprechend schwierig gestaltet sich die Antwort auf die Frage, ob das, was wir geraucht haben, dem entsprechen wird, was wir bekommen. Unsere Zigarren hatten ausnahmslos ein selten schönes Deckblatt und waren in höchster Vollendung gerollt. Eine Aschenbildung, von der Collazo nur träumen kann! Geschmacklich aber, wie nicht anders zu erwarten, war die viel zu junge Zigarre unrund, dünner Rauchkörper und die klassischen kratzig-salmiakigen Nebentöne einer unreifen Havana. Dennoch war unverkennbar eine Mischung gelungen, die nach der Nachreife interessant sein kann (wie gesagt, wir wissen nicht, ob wir genau diese Zigarre, von der bislang nur 25 Stück gerollt wurden, bekommen).

Ich habe die versammelten Experten gebeten, nach den Farbregeln des "Kleinen Herzogs" eine Geschmackseinschätzung zu geben. Und siehe da, auch hier klappte trotz einer ganz heterogen zusammengesetzten Gruppe, die noch nie mit dieser Methode gearbeitet hat, die Geschmacksbestimmung. Sie lautete ganz einhellig: Orange bis gelb.

Die Auswertung des Tastings geriet, so Freire, zum "historischen" Ereignis. Offenbar wurde erstmalig eine Zigarrenmischung auf Wunsch von Tastingteilnehmern verändert. Ich war der Meinung, dass die Zigarre etwas mehr Stärke vertragen könnte. Meine Kollegen schlossen sich dieser Meinung an und so erreichten wir, dass Freire erst vorschlug, etwas weniger Volado und noch mehr Secco zu nehmen. Um aber die hervorragenden Brandeigenschaften der Mischung nicht zu gefährden, liess er sich doch herbei, statt eines halben Blattes ligero ein ganzes zu verwenden. Diese Veränderung werde zwar die Zigarre teurer machen, trotzdem werde Habanos sie zum ausgemachten Preis übernehmen können. Muchas gracias auch im Namen aller preisbewussten deutschen Aficionados.

Freire versprach, uns 50 Stück der Zigarre mit dem veränderten Mischungsverhältnis nach Deutschland zu schicken. Wir sind alle gespannt!

Schlussbesprechung mit Freire
Toni muss fleissig übesetzen
Wie wird die Schöne denn nun heissen, wollte ich in der Schlussbesprechung wissen. "Sir John"! Wieso dieser Name für eine deutsche Regional, entfuhr es mir. Und da ging es los: Puszkar versuchte noch der Anwort auszuweichen mit dem Argument, das sei eine lange Geschichte. Aber jetzt wollten es alle wissen. Also denn: Es wird statt der zwei erwarteten deutschen Regionales nur eine geben. Von den zweien war aber bereits eine exklusiv an die Gruppe John Aylesbury vergeben worden, die natürlich auf deren Wunsch "Sir John" heissen sollte. Da es aber jetzt nur eine Regional gibt, konnte die nicht mehr exklusiv den Aylesburyanern überlassen werden (hätte auch bestimmt einen Monstersturm bei uns andern entfacht!). Aber der Name durfte bleiben. Geradezu salomonisch rief Freire schliesslich in die Runde, der anwesende Torcedor der die neue Zigarre rollt, heisse schliesslich auch "John", nämlich José und deshalb sei der Name gut gewählt.

Am Abend schon wieder eine Gala: Diesmal zur Erinnerung an den 520. Geburtstag der Ankunft der Habano in der alten Welt. Eingeladen hat Habanos in das Musuem für Bildende Kunst, also dem Gebäude gegenüber vom Revolutionsmuseum.

Getafelt wird im Kunstmuseum
Das Museum war schon mehrmals Austragungsort für Galaabende beim Festival. Auch diesmal ein gelungenes Ambiente mit einem Menu, für das u. a. Sterneköche aus Spanien eingeflogen worden sind. Da ich selbst leider eine kleine gastritische Unpässlichkeit zu kurieren hatte, kann ich über die Qualität des Essens nichts berichten.

Grosser Aufwand für das Begleitprogramm wurde getrieben. Ganze Heerscharen von Tänzerinnen und Tänzer zeigten ihr Können.

Auf der Bühne: Ankunft von Kolumbus
Kubanische Anmut
Xavier Terez, Vizepräsident von Habanos, begrüsste und machte auf die vielen guten Dinge aufmerksam, die wir der Neuen Welt zu verdanken haben. Darunter eben auch unsere geliebte Rauchrolle. Wir bekamen u. a. die neue Limitada 2012: Montecristo 520 (jetzt wissen wir auch, warum sie so heisst) und eine Cuaba Bariay.

Montecristo 520
Cuaba Bariay
Cuaba Bariay
Zum eigentlichen Höhepunkt des Abends geriet ein Spontanauftritt von James Belushi. Offenbar aus einer schieren Laune heraus betrat der als Festivalgast anwesende Belushi plötzlich die Bühne, nahm seine Mundharmonika und brachte den Saal in kürzester Zeit zum Kochen. So etwas hat es noch nie gegeben! Unwahrscheinlich gekonnt gingen die Band-Musiker auf die völlig unvorbereiteten Stücke von Belushi ein und legten einen sound hin, der sich gewaschen hatte (um im Jargon zu bleiben). Schliesslich gesellte sich auch noch Phil Manzanera dazu und die beiden rockten das Kunstmuseum aus den Fugen. Und der Clou: Belushi liess während seines rund halbstündigen Auftritts die Zigarre nicht aus der Hand bzw. aus dem Mund. (Ich hoffe, sie ist auf den Photos gebührend zu sehen.) In den tobenden Applaus nach seinem Auftritt rief Belushi: "The blues has arrived in Cuba".

XIV Festival Habano, Februar 2012 - 28.02.12

28.02.2012

Während die grossen Festival-Gruppen in ihren Bussen nach Pinar del Rio und die Tabakfelder seiner Umgebung fuhren, überraschte uns Toni mit einer wunderbar organisierten exklusiven Tour in die Gegend von San Antonio de los Banos, ca. 1,5 Autostunden von Havana entfernt.

Der hübsche Ort Guira de melena
Zuerst besuchten wir die kleine, aber feine und fast unbekannte Manufaktur "José Manuel Segui" in Guira de melena (für Kenner: habe ein bisschen Werksspionage getrieben: Der Code für diese Manufaktur lautet z. Z. ABR). ABR stellt schwerpunktmässig Vitolas der Marken Fonseca, Juan Lopez und Sancho Panza her.

Die Entripperinnen
Die Mischungen werden zubereitet
eine Charge Siglos ist fertig
Ihr Direktor ist Armando Garmona, Chef über 214 Mitarbeiter, davon 78 Roller/innen. Die kleine Manufaktur bringt es immerhin auf 2,5 Mio Stück pro Jahr.

Direktor Armando Garmona
Untergebracht ist ABR in einer prachtvollen alten Holzhalle aus dem Jahr 1907, der man ihre Jahre kaum ansieht und nur die zeitlose Schönheit der damaligen Zweckarchitektur bewundert.

Die wunderschöne Hallenkonstruktion
Der Hombre im Glück, flankiert von Toni deDios, Christoph Puszkar und Roman Skoblo
Nach dem Manufakturbesuch der eigentliche Höhepunkt des Tages, ein privater Besuch in der staatlichen Tabakversuchsanstalt San Antonio de los Banos. Das Institut wurde 1985 gegründet und dient vorrangig der Optimierung der kubanischen Tabaproduktion, übernimmt aber auch externe Aufträge, wie z. B. Nikotinmessungen für die Zigarrettenindustrie. Wissenschaftliche Chefin ist Ana, die uns berreitwillig eine Einführung gibt und unsere nicht endenwollenden Fragen geduldig beanwortet.

Ino Mühlmann geht vor dem Institut in die Knie...
Ana ist die Wissenschaftliche Direktorin
Das Institut hat drei Hauptabteilungen, Genetik, Verbesserung industrieller Abläufe und Erforschung optimaler landwirtschaftlicher Bedingungen. Aus der Fülle der Informationen, sind für den Zigarrenraucher wohl folgende Feststellungen besonders interessant: Warum die Zigarren aus Kuba jenen einmaligen Schmelz und die besondere Sättigungsfähigkeit haben, die andern Zigarren fehlen, ist dem Institut zwar als Frage bekannt, eine Antwort darauf gibt es aber nicht. Nur soviel: Es liegt nicht ausschliesslich Bonden, sondern an der Gesamtheit der Produktionsbedingungen, also auch an den Sonnen- und Windverhältnissen, dem Mikroklima, der Mikrovegetation und der Erfahrung der hiesigen Tabakbauern.

Die Hauptaufgabe der Genetik-Abteilung ist die Züchtung neuer Sorten, wobei es aus Sicht des Instituts ein glücklicher Zufall (!) ist, wenn die auf Resistenzen optimierte neue Varietät auch geschmacklich einen Fortschritt darstellt. Unsere besorgte Frage, ob die weltweiten Bemühungen zur Deckelung etwa des Nikotingehalts der Tabake mit der Zeit den kräftigen kubanischen Negro-Tabak "kastriert", wird entschieden verneint. Das sei auch nie nur eine Frage des Nikotingehalts. Ein weiterer Fragenkreis betraf die Düngung. Nach wie vor wird schon aus Kostengründen versucht, möglichst "grün" zu düngen. Kunstdünger wäre zu teuer. Ins Fettnäpfchen getreten bin ich mit der Frage, was denn mit dem ominösen H2000 Tabak passiert sei, der uns um 2000 herum geschmacklich so unbefriedigende Zigarren bescherte. Die Befragte outete sich als Tochter von Emilio Espino. Ihr Vater ist Seniorspezialist für Neuentwicklungen der genetischen Abteilung des Instituts. Prompt verwiese mich seine Tochter an den Vater, der doch die Züchtung erfolgreich entwickelt und eingeführt habe. Die Frage solle ich mit ihm klären. Vielleicht sehe ich ihn ja noch beim Festival und komme mit einem blauen Auge davon.

XIV Festival Habano, Februar 2012 - 27.02.12

27.02.2012 - am Abend

Am 27. gab es für die Gäste des "Nacional" diesmal eine Überraschung: eine Gratisaufführung des "Cabaret Parisien" auf der legendären Terrasse.

La "terrazza nacional"

XIV Festival Habano, Februar 2012 - 27.02.12

27.02.2012

Am Montag habe ich den "smokerstrain", die Fahrt mit dem Zug für die Deutsche Gruppe sausen lassen und micht statt dessen um erste Kontakte gekümmert. Carlo Lazzaro, Direktor von "H. Upmann" und Juanita, die Rollerin der Casa im "Melía Cohiba", die mich auch prompt mit frischen Köstlichkeiten versorgte, gehörten dazu.

Carlo Lazzaro
Juanita la Torcedora
Der Begrüssungsabend am Montag hatte seine übliche (Über)länge. Es geht da jeweils mehr um Musik als um Zigarren, kein Mensch weiss warum. Immerhin spielten weltberühmte Musiker: Der kubanische Star Augusto Enriquez, der Hauptgitarrist der Gruppe "Roxy Music" Phil Manzanera und der Jazz-Musiker Jack Bruce. Gegeben wurde das Konzert im grössten Theater Havannas, dem Teatro Karl Marx (ob es wohl unfreiwillige Selbstironie ist, dass ausgerechnet ein Theater den revolutionären Namen trägt?).

Augusto Enriquez
Bild Im Theater, Fast in der ersten Reihe: KD Müller, Rainer Spieker, Rudi Kirchner (v. h.), Mitglieder des CdF Berlin e. V.

Nach dem Konzert kam das erste Zigarrenhighlight, die Cohiba Piramides Extra, die in Zukunft die klassische Linie der Nobelmarke ergänzen soll. Der zweite Teil des Abends fand im benachbarten "Club Christino Naranjo" statt. Ein prachtvoller Riesensaal im Neorenaissance-Stil. Was er einst beherbergte wurde mir nicht ganz klar, es wird gesagt, es sei der ehemalige Offiziers-Club und diene heute für gesellige Anlässe des Bezirks.

Der prachtvolle Saal im Neorenaissance-Stil.

Cohiba - Pirámides Extra
Cohiba - Pirámides Extra

XIV Festival Habano, Februar 2012 - 27.02.12

27.02.2012

Nach einigen Tagen, die ich unter der Sonne von Santo Domingo verbracht - und meinen europäischen Schnupfen auskuriert - habe, beginnt jetzt in Havana der Höhepunkt für alle Zigarrenliebhaber:
Das XIV. Habanos-Festival.

Während die deutsch-schweizerische Gruppe sich auf dem smokerstrain amüsiert, arbeite ich am Plan dieser Woche, über den ich berichten will. Aus technischen Gründen sind die Photos erst ab morgen im im blog zu sehen (brauche dazu eine leistungsfähigere Verbindung).

Schon jetzt eine sensationelle Nachricht: Toni de Dios hat sich mächtig für meinen Wunsch ins Zeug gelegt und es tatsächlich erreicht, dass wir morgen in kleiner Gruppe mit wissenschaftlich Interessierten die staatliche kubanische Tabakversuchsstation besuchen und uns dort aus erster Hand informieren können.

Heute fand auch die Eröffnungspressekonferenz statt. Folgendes war für mich unteressant: 2011 erlöste Habanos S.A. mit ihren aktuell 27 Premiummarken insgesamt 401 Millionen Dollar. Das entspricht gegenüber 2010 einer Steigerung von 9%. 80% der Erlöse wurden auf dem Auslandsmarkt erwirtschaftet (insgesamt liefert Habanos S. A. in 150 Länder der Welt). Während in Europa einige Krisenmärkte für die Zigarre zu verzeichnen sind (Griechenland und Spanien), haben insbesondere Deutschland, Benelux, Schweiz und Grossbritannien zugelegt.

Also dann, bis morgen (sofern die Verbindung funktioniert).

Habanos Festival 2012, Havanna

Februar 2012

Dr. Maximilian Herzog reist jedes Jahr zum Habanos-Festival nach Havanna.
In Berlin leitet er die "La Casa del Habano - Berlin" im Savoy Hotel, "Zigarren Herzog" am Ludwigkirchplatz und "Zigarren Herzog am Hafen" im Berliner Osthafen.

Nun im Febraur 2012 hat er sich wieder mit einer Gruppe von Zigarrenfreunden zum "XIV Festival Habano" (27.02.-3.03.12) aufgemacht.

In seinem Zigarren-Festival-Blog wird er von seinen Eindrücken, Zigarrenneuigkeiten, Erlebnissen etc. direkt aus Havanna berichten und bloggen.

Im dem unteren Teil finden Sie noch seinen Blog von den letzten Festival-Besuchen aus den Jahren 2009 bis 2011.